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Vom Studentenwohnen zum
Mehrgenerationen- und Alten_Service_Wohnen
Stephan Männer_Michael
Haberland______________________Prof. Josef Lenz
1. DIE AUFGABE
Aufgrund einer wachsenden Abiturientenzahl und der Verkürzung der Schulzeit
von 13 auf
12 Jahre bis zum Abitur werden Studienanfänger zukünftig verstärkt an die
deutschen Hochschulen
drängen. Die Kultusminister der Länder rechnen damit, dass die
Erstsemesterzahlen
zunächst deutlich zunehmen und im Jahr 2012 rund 2,7 Millionen Studenten
eingeschrieben
sein werden. Nach der „Prognose der Studienanfänger, Studierenden und
Hochschulabsolventen
bis 2020“ soll die Zahl der Erstsemester bundesweit von 370.000 auf bis zu
450.000
im Jahr 2012 steigen. Wegen des Geburtenrückgangs soll die Zahl 2020
allerdings wieder
drastisch fallen.
Angesichts dieses „Studentenbergs“ sollen im Rahmen eines studentischen
Ideenwettbewerbs
Studentenwohnungen entwickelt werden, die langfristig in Mehrgenerationen-
und
Alten-Service-Wohnungen umgebaut werden können. Ferner soll geprüft werden,
in wie weit
ein solches Quartier kurz- und langfristig mit weiteren Nutzungen
angereichert werden kann
(z. B. Wohnen und Arbeiten, Integration von Wohnfolgeeinrichtungen etc.).
2. DER ORT
Die Stadt Ulm kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Erstmals 854 n.
Chr. urkundlich
erwähnt, zählte sie einst als Königspfalz und freie Reichsstadt zu den
bedeutendsten und
attraktivsten mittelalterlichen Städten in Süddeutschland. Diese
Traditionslinie brach mit den
starken Zerstörungen der Luftangriffe im Jahre 1944 abrupt ab. Nach dem
Zweiten Weltkrieg
erfolgte der Wiederaufbau weitgehend auf dem historischen Stadtgrundriss,
gemäß der Idee
einer autogerechten Stadt wurden jedoch breite Schneisen durch die Stadt
geschlagen.
Seit den 1990er-Jahren knüpft Ulm mit spektakulären Neubauten international
bedeutender
Architekten wieder an seine große Bautradition an. Zu nennen sind hier
insbesondere das
Stadthaus von Richard Meier, die Kunsthalle Weishaupt von Wolfram Wöhr, das
„Haus der
Sinne“ und der Neubau der Sparkasse von Stephan Braunfels sowie die Neue
Zentralbibliothek
von Gottfried Böhm.
Heute bildet Ulm mit rund 120.000 Einwohnern ein wichtiges
Wirtschaftszentrum in Süddeutschland
(und gemeinsam mit Neu-Ulm ein Doppelzentrum mit rund 170.000 Einwohnern).
Nach der Strukturkrise Anfang der 80er-Jahre konnte Ulm den Wandel von der
Industrie-
zur Dienstleistungs- und Wissenschaftsstadt erfolgreich vollziehen.
Das Konzept der „Wissenschaftsstadt“ umfasst eine enge Verzahnung von
Hochschul- und Industrieforschung
(der Universität Ulm sowie der Hochschulen Ulm und Neu-Ulm mit den
Forschungseinrichtungen
großer Konzerne wie z. B. Daimler, Nokia, Infineon, EADS, Vodafone
und Takata). Basis ist die räumliche Konzentration in Form der Quartiere
„Wissenschaftsstadt“
und „Science Park II“ am Oberen Eselsberg in der Nähe des
Universitätscampus. Eine Erweiterung
dieser Standorte ist bereits vorgesehen („Science Park III“).
3. DAS PLANUNGSGEBIET
Das Planungsgebiet befindet sich im so genannten Dichterviertel westlich der
Innenstadt
zwischen der B 10 und dem Bahnhof. Es ist einerseits geprägt durch seine
zentrale Lage,
andererseits durch schwierige Gemengelagen, vernachlässigte Bausubstanz und
zahlreiche
Infrastrukturprobleme. Im Rahmen der Entwurfsaufgabe soll geprüft werden,
wie durch eine
städtebauliche Umstrukturierung mit dem Nutzungsschwerpunkt Studentenwohnen
bzw.
Mehrgenerationen- und Alten-Service-Wohnungen eine nachhaltige Aufwertung
des Quartiers
erreicht werden kann. Die Stadt wünscht eine hohe städtebauliche Dichte. Als
Orientierung
soll eine Geschossflächenzahl von ca. 1,4 bis 1,8 dienen.
Vor diesem Hintergrund ergeben sich folgende Fragestellungen:
- Wie kann das Planungsgebiet unter Einbeziehung der vorgesehenen Maßnahmen
im
Bahnhofsumfeld – insbesondere der Realisierung eines neuen Fußgängerstegs
und einer
neuen Unterführung – besser mit der Innenstadt sowie den Universitäts- und
Hochschulstandorten
vernetzt werden?
- Wie muss städtebaulich auf die von der B 10 und der Bahnstrecke
verursachten Lärmemissionen
reagiert werden?
- Mit welchen weiteren Funktionen könnte der Nutzungsschwerpunkt Studenten-
bzw.
Mehrgenerationen- und Alten-Service-Wohnungen verknüpft werden (z. B. Wohnen
und
Arbeiten, Gesundheitszentrum etc.)?
- Welche Potenziale ergeben sich aus der Freiraumstruktur mit den Flussarmen
der Kleinen
und der Großen Blau? Wie können sie für eine Aufwertung des Quartiers
genutzt werden?
- Wie kann das Planungsgebiet mit anderen wichtigen Freiräumen wie z. B. der
Blauinsel,
den Ehinger Anlagen und den Grünverbindungen entlang der Donau vernetzt
werden?
- Welche Potenziale bieten die in Teilen noch erhaltenen Wallanlagen der
Bundesfestung
Ulm für Image und Identität des Quartiers?
4. PROFILFINDUNG UND GEBÄUDETYPOLOGIE
Aufbauend auf der städtebaulichen Konzeption soll ein Teilbereich des
Quartiers in Form
eines Gebäudeentwurfs ausgearbeitet werden. Gesucht wird ein neuer
Gebäudetyp, der
auf die oben beschriebenen Szenarien der wachsenden Studienanfänger in
gleicher Weise
reagieren kann wie auf die prognostizierten demographischen Folgen ab dem
Jahr 2020.
Dazu ist es in einem ersten Schritt notwendig, für die unterschiedlichen
Bewohneranforderungen
Nutzerprofile zu erstellen. Diese gilt es dann in eine neuartige
Gebäudetypologie
umzusetzen. Der aus diesen Vorgaben folgende Flexibilitätsanspruch ist eine
Kernvorgabe für
die grundrissliche, konstruktive und funktionstechnische Umsetzung.
Letztendlich gilt es zu
untersuchen, ob zum Beispiel eine modular flexible Gebäudestruktur in ihrer
Wandlungsmöglichkeit
die bessere Lösung liefert oder ein starres, dafür in hohem Grad
nutzungsneutrales
System.
Folgende Themenbereiche sind wichtige Parameter, die mit der
Aufgabenstellung in Zusammenhang
stehen:
- vertikale und horizontale Erschließung,
- Parkierung,
- Nebenräume und Abstellmöglichkeiten,
- Bündelung oder Flexibilisierung der Medienversorgung,
- privater Außenraum,
- Wohnungsgrößen und Schaltbarkeiten während einer „Nutzungsphase“,
- Leistungsfähigkeit der Gebäudehülle,
- Aufwand der Wandlungsvorhaltungen in Relation zur Gesamtlebensdauer des
Gebäudes
etc.
In dem Gebäude sollen in der ersten Phase – d. h. in der Studentenphase –
mindestens 150
Studenten untergebracht werden. Die Bewohneranzahl der Senioren in der
zweiten Phase ist
konzeptabhängig.
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